Montag, 13. Mai 2013

10. Kapitel / 3



Alle waren so in ihre krampfhaften Rettungsversuche vertieft, dass sie nicht bemerkten, was zur gleichen Zeit am Strand ablief. Dort war die Not des kleinen Bootes zum Glück nicht unbemerkt geblieben und die  ansässigen Fischer machten ihr stärkstes Boot startklar, um den Menschen draußen im hohen Seegang zu Hilfe zu eilen. Acht muskelbepackte Männer schoben das stabile Wasserfahrzeug über den Strand ins Meer. Die leistungsstarken Doppelmotoren heulten auf und vier der Männer schwangen sich ins Boot. Trotz der starken Motoren kamen sie wegen der Strömung und den inzwischen meterhohen Wellen nur langsam voran. Von ihrem in Seenot geratenen Boot aus war es Thomas der das zu Hilfe kommende Fahrzeug zuerst entdeckte. Er machte den Anderen Mut schnell weiter zu schöpfen, damit ihr Kahn nicht vor Eintreffen des Hilfstrupps absäuft. Nach vielen bangen Minuten des Wartens war das grosse Boot endlich bei ihnen angekommen und die Fischer zerrten zuerst die Frauen zu sich an Bord. Zwei von ihnen fischten Angel und Miguel aus dem Wasser und die anderen beiden kämpften mit Thomas und Juan, um das nun sinkende, inzwischen ziemlich voll gelaufene, Boot mit starken Tauen zu sichern. Als Alle in Sicherheit waren tuckerte das starke Boot, den kleinen Kahn im Schlepptau, langsam auf Rincon zu.  Vom Ufer aus beobachteten die dort gebliebenen Fischer, dass die Rettungsaktion glücklich abgelaufen und die Schiffbrüchigen auf dem Weg zu ihrem Strand waren und es brach grosser Jubel aus. Das Meer konnte sehr tückisch sein und immer wieder forderte es seine Opfer. Erst vor Kurzem war das Ertrinken eines ihrer Söhne zu beklagen gewesen und der Respekt vor den Naturgewalten steckte tief in ihnen. Kurze Zeit später wurden die völlig entkräfteten Ausflügler aus dem rettenden Boot getragen und in ein nahes Haus gebracht. In warme Decken gehüllt bekam jeder eine Tasse heissen Tee und Mamajuana zum Trinken. Die Getränke halfen wahre Wunder und Alle fühlten sich besser und die Kräfte kehrten langsam wieder. Miguel erzählte Sam zwischen zwei Schlucken, dass Mamajuana aus verschiedenen zerkleinerten Hölzern besteht und mit Rum aufgegossen wird. Anschliessend muss das Gemisch ordentlich durchziehen. Das Endergebnis ist für Dominikaner praktisch ein Allheilmittel und wird gerne getrunken. Die Hausherrin, eine liebenswürdige alte Dame, wollte sofort ans Werk gehen und für Retter und Gerettete Essen kochen. Doch keiner verspürte Appetit und so wurde dankend abgelehnt. Angel, Juan und auch Miguel mussten viele wütende Worte über sich ergehen lassen. Wie hatten sie nur unwissende Touristen in so eine gefährliche Lage bringen können! Ausserdem kennt ihr das Wetter und hättet wissen müssen, wie schnell ein Sturm aufziehen kann. Heute hat die Sonne gestochen, das war ja wohl ein untrügliches Zeichen, dass entweder Regen, ein stürmischer Wind oder gar ein Gewitter aufziehen wird! ereiferte sich ein alter Mann. Betreten schwiegen die drei, denn der Alte hatte natürlich recht. Und jeder der Gescholtenen ärgerte sich fürchterlich über die eigene Dummheit, die ahnungslose Urlauber in tödliche Gefahr gebracht hatte. Wie schlimm es schon stand, wussten sie nur zu gut und nun mussten sie sich das eigene Versagen eingestehen. Als es den vier Urlaubern besser ging, wurde ein Taxi bestellt und die Freunde waren froh, diesmal auf dem Landweg reisen zu dürfen. Miguel begleitete sie auf der Fahrt ins Hotel. Thomas konnte inzwischen wieder Witze reissen und tönte: Da haben wir wenigstens eine spannende Story, die wir zu Hause erzählen können. Aber die anderen waren einfach nur froh, mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Kira schwor sich, nie wieder in ein Boot zu steigen und wenn es nicht anders ginge, dann nur wenn Schwimmwesten, Paddel und andere Hilfsgeräte an Bord wären. Sie hatten verteufelt viel Glück gehabt, die Geschichte hätte auch böse enden können. Sam fragte: Wir sollten uns bei unseren Rettern und der gastfreundlichen Dame gebührend bedanken. Hat einer von euch eine Idee was dafür in Frage kommt? Alle überlegten eine Weile, aber es kamen keine vernünftigen Vorschläge dabei heraus. Also befragte sie Miguel. Seine Antwort: Den Fischern geht es wirtschaftlich gesehen nicht besonders gut. Meist sind sie Alleinverdiener, haben aber grosse Familien und viele Mäuler zu stopfen. Wir sollten Geld zusammenlegen und uns auf diese Weise bedanken. So helfen wir den Leuten wenigstens auch ein bisschen. Miguels Vorschlag wurde dankbar und einstimmig angenommen. Ansonsten verlief die Rückfahrt zum Hotel sehr ruhig. Alle waren erschöpft und dösten oder versuchten ihre Gedanken zu ordnen und das Erlebte zu verarbeiten. Als sie im Paradiso ankamen, schien die Sonne wieder mit voller Kraft und nichts erinnerte mehr an das tückische Unwetterintermezzo. Thomas entlohnte den Taxifahrer mit nassen Pesoscheinen und die Freunde waren froh, endlich zu ihren Zimmern zu kommen. Kira, die immer noch fürchterlich fror, liess die Badewanne mit sehr warmem Wasser volllaufen und entspannte sich im nach Vanille duftenden Schaumbad. Allmählich wurde ihr wieder warm und das Zittern liess etwas nach. Wahrscheinlich steckt mir der Schock noch in den Gliedern dachte sie und weil sie sich plötzlich kaum noch auf den Beinen halten konnte, legte sie sich auf das bequeme Bett. Kaum dass sie lag, war sie auch schon eingeschlafen. Miguel hatte Sammy in ihr Zimmer begleitet und half ihr beim Ausziehen der feuchten Sachen. Dann stellten sie sich unter den heissen Wasserstrahl der Dusche und Miguel musste Sam stützen, weil ihr die Beine wegknickten. Er packte sie ins Bett und bewachte ihren unruhigen Schlaf. Nach der ausgestandenen Gefahr fühlte auch er sich matt und zerschlagen und dämmerte im Halbschlaf vor sich hin. Katrin ging es ebenso nicht sonderlich gut. Nachdem sie im Zimmer angekommen einen Weinkrampf bekam, hatte Thomas den Hotelarzt alarmiert. Das gespritzte Beruhigungsmittel begann schnell zu wirken und er verordnete ihr Bettruhe und versprach am Abend noch einmal nach Katrin zu sehen. Thomas, eigentlich ein Bruder Leichtfuss, machte sich schwere Vorwürfe, er hätte die Gefahr erkennen und beim Aufziehen des Unwetters die sofortige Rückkehr an Land fordern müssen. Aber das half nun auch nichts mehr und zum Glück war niemand ernsthaft verletzt worden. Als Kira erwachte war es stockdunkel im Zimmer und sie hatte absolut keine Ahnung wie spät es sein könnte. Sie knipste die Nachttischlampe an und schaute auf ihren Wecker. Die Zeiger standen auf 20.37 Uhr. Kira erhob sich und fühlte außer einem unangenehmen Kratzen im Hals, eine grosse Leere in ihrem Magen. Sie beschloss Abendessen zu gehen und zog sich bequeme Kleidung an. Im Freien wurde sie von starkem Regen, der kerzengerade auf die Erde niederprasselte, überrascht. Sie wunderte sich, dass es trotzdem immer noch sehr warm war. Über den direkten, überdachten Weg kam sie in die Hotellobby. Als sie an der Rezeption vorbeiging und wie immer freundlich grüsste, rief die diensthabende Rezeptionistin sie zu sich heran. Frau Kramer? Für Sie wurde eine Nachricht hinterlassen. sagte sie freundlich zu Kira und gab ihr ein zusammengefaltetes Stück Papier. Im ersten Moment wunderte sie sich, wer würde ihr denn eine Nachricht zukommen lassen? Martin! zuckte der Gedanke durch Ihren Kopf. Er würde doch nicht ihr Date absagen? Schnell entfaltete sie das Papier und las die paar Zeilen: Mein liebes Seesternchen! Carlos! durchzuckte es sie und sie las weiter: Leider muss ich heute nach Santo Domingo und etwas klären. Du warst nicht im Hotel. Schade, nun kann ich dich den ganzen Tag nicht sehen. Ich freue mich auf Morgen, auf dich und die Show! Sei geküsst, dein Carlos Innerlich atmete Kira auf. Nun musste sie Carlos nicht von dem Ausflug mit gefährlichen Ausgang berichten, wenigstens nicht heute. Gedankenverloren schob sie den Zettel in ihre Hosentasche und begab sich ins Restaurant. Hier konnte sie kein bekanntes Gesicht ausmachen und nahm an einem kleinen Tisch Platz. Es war ihr sehr recht, heute Abend hatte sie absolut keine Lust auf Smalltalk. Kira nahm zwei Scheiben vom zarten Braten, knackigen Salat und gebackene Kartoffel mit Sauerrahm. Mineralwasser und frischen Ananassaft wählte sie als Getränke. Ihre Mahlzeit beendete sie mit einem grossen Stück Schokotorte mit ganz viel zarter Schokoladencreme. Gut für die angekratzten Nerven dachte sie beim Verzehr der Leckerei. Auf dem Weg zu ihrem Zimmer beschloss sie den Abend gemütlich vor dem Fernseher ausklingen zu lassen. Oh Mann, ich muss Babsi anrufen! Sicher denkt sie, dass ich sie vor lauter Amüsement schon vergessen habe! Sie wählte bereits, als ihr Blick auf die Uhr fiel. Schnell zählte sie in Gedanken. Als sie bemerkte, dass es zu Hause bereits 2.30 Uhr nachts war, unterbrach sie den Wählvorgang. Morgen rufe ich Babs aber ganz sicher an! beschloss sie und schaltete das Fernsehgerät an.


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