Samstag, 27. April 2013

6. Kapitel / 1



Katerstimmung am Morgen

Am nächsten Morgen regnete es und dicke Wolken hingen über dem Paradies. Kira, in deren Kopf ein Dampfhammer dröhnte, zog sich die Decke über den Kopf und wollte nie wieder das kuschelige Bett verlassen. Leise schlich sich Samantha ins Zimmer. Wohl ahnend in welchem Zustand sich die Freundin befinden würde, hatte sie für Kira Aspirin besorgt. Vorsichtig zog sie die Bettdecke zurück und grinste Kira aufmunternd an. Aus der Minibar hatte sie eine Flasche Wasser genommen und gab Kira die Tablette. Schweigend setzte sie sich auf den Bettrand und wartete, dass es dem Alkoholopfer besser ging. Nach einer Weile rappelte sich Kira auf und bevor Sam ihre neugierigen Fragen loswerden konnte, stürzte sie ins Badezimmer. Geduscht und in einen flauschigen Hotelbademantel gewickelt, kam Kira aus dem Bad und sah nicht mehr ganz so zerknittert aus wie vor 15 Minuten. Und? fragte Sam. Was, und? stellte Kira, die genau wusste was Sammy so brennend interessierte, brummend ihre Gegenfrage. Sam beschloss sie erstmal in Ruhe zu lassen und machte einen Vorschlag: Du ziehst dich jetzt gemütlich an und ich hole dich dann zum Frühstück ab. Nach einem guten Kaffee und einem Katerfrühstück sieht die Welt gleich wieder freundlicher aus. Kira zeigte sich einverstanden und die Freundin zog ab. Als sie eine Weile später im Restaurant bei einer Tasse Kaffee sassen, kam Carlos strahlend wie ein Honigkuchenpferd an ihren Tisch. Auf einem Tablett servierte er Kira einen unbekannten Drink und eine dunkelrote Rose. Er begrüsste Samantha mit einer angedeuteten Verbeugung und drückte Kira einen Kuss auf die Stirn. Wie geht es dir, Seesternchen? Ich habe dir ein Glas Medizin mitgebracht. Trink, auch wenn es nicht gut schmeckt. Ich schwöre, in fünf Minuten fühlst du dich wie neu geboren. Es ist das Geheimrezept meiner Urgrossmutter und hat mir auch schon oft geholfen. Kira schaute kläglich zu ihm auf und nahm einen kleinen Schluck des Gebräues. Es schmeckte sauer, bitter und salzig zugleich - absolut undefinierbar aus welchen Zutaten das Getränk gemixt wurde. Carlos bestand darauf, dass sie austrinkt und tapfer schluckte Kira den Rest der Flüssigkeit herunter. Carlos nickte zufrieden und erklärte, dass es bedauerlicher Weise zur Show-Probe müsse und den ganzen Tag keine Zeit für Kira hätte. Mi Estrella de Mar, mi linda Estrella, heute Abend gehöre ich nur dir! Geniesse den Tag! Ich werde dich zu finden wissen! Er küsste Kira nochmals auf die Stirn und verabschiedete sich bei Sam. Damit verschwand er. Wow, der legt sich ja ins Zeug! konstatierte Samantha. Sie löcherte Kira so lange mit Fragen, bis der nichts anderes übrig blieb, als alles was sie über Carlos wusste, haarklein zu erzählen. Unterdessen hatte der Trank wahre Wunder gewirkt und Kira verspürte einen heftigen Hunger. Als beide es sich mit hochgepackten Tellern voller Frühstücksleckereien wieder am Tisch bequem gemacht hatten, konnte sich Sammy ihren Kommentar nicht länger verkneifen: Also weisst du, ein Animateur! Das sind doch alles Weiberhelden, die es nur darauf abgesehen haben, so viele Frauen wie möglich flachzulegen. In der Türkei z.B. laufen jedes Jahr Wetten, wer der Beste Aufreisser ist und die prahlen überall mit ihren Eroberungen, das habe ich selbst erlebt. Lass besser die Finger von dem, bevor er dir das Herz bricht. Oder hat er dich etwas schon? erschrocken starrte Sammy ihre Freundin an. Kira antwortete mit weinerlicher Stimme: Na eben nicht! Ich wollte schon, aber er hat mich einfach alleine ins Bett geschickt! Da hast du aber wirklich Glück gehabt! erleichtert biss Samantha in die nächste Semmel. Kira überlegte, ob es wirklich so ein Glück war, kam aber zu keinem Abschluss ihrer Gedanken, weil jetzt Sam herzerweichend seufzte. Bei dir läuft doch alles bestens, warum machst du denn so ein trauriges Gesicht? wollte Kira nun ihrerseits in Erfahrung bringen. Na das ist ja gerade das Dilemma! Mit Miguel und mir, das könnte wirklich Liebe sein. Aber in anderthalb Wochen fliege ich nach Hause und dann? Was soll aus uns werden? Fernbeziehung. lautete Kiras lakonische Antwort. Dafür bin ich wirklich nicht gemacht. Wenn ich verliebt bin, will ich möglichst jede freie Minute mit meinem Schatz verbringen. Eine Fernbeziehung würde mich fertigmachen. Miguel hat mich schon inständig gebeten hier bei ihm zu bleiben. Aber was wird mit meinem Leben in Deutschland? Meine Arbeit, meine Freunde, meine Familie und Minka, meine Katze? Bevor Sammy nun losheulen konnte vor lauter Verzweiflung, nahm Kira sie tröstend in die Arme. Sammy, nicht weinen! Schau, Du bist erst ein paar Tage hier und hast noch anderthalb Wochen vor dir. In der Zeit findet sich bestimmt eine Lösung für das Problem. Ich helfe dir beim Überlegen, uns fällt garantiert ein Ausweg ein. während Kira das sagte, zweifelte sie selbst an ihren Worten. Aber Miguel würde bestimmt eine Lösung wissen.

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